Begrifflichkeit

Das Wort „vegetabil“ bedeutet übersetzt „pflanzlich“ oder „aus Pflanzen erzeugt“. Die Gerbung findet dementsprechend mit pflanzlichen Produkten, wie zum Beispiel Eichen- oder Fichtenrinde, oder aber auch Olivenblättern, Rhabarbarwurzeln oder ähnlichem statt. Es handelt sich also um einen Pflanzengerbstoff. Der Gerbprozess dient dem Zweck, dass die Häute für einen langen Zeitraum haltbar gemacht und im Anschluss weiterverarbeitet werden können. Die vegetabile Gerbung wird auch als „Rotgerbung“ oder „Lohgerberei“ bezeichnet und ist die natürlichstes Form der Gerbung, da vollständig auf chemische Stoffe verzichtet wird.

Nachdem über viele Jahrtausende hinweg die Pflanzengerbung vorrangig genutzt wurde, werden heutzutage nur um die 10 bis 12 % der Leder pflanzlich gegerbt. Ein Großteil der Gerbung entfällt auf die >Chromgerbung<.

Weltweit existieren rund 300 Pflanzenarten, die für eine pflanzliche Gerbung genutzt werden können. Der wichtige Wirkstoff sind die Tannine als Polyphenole der Gallussäure. Diese werden von den Pflanzen eingelagert, um Fressfeinde abzuschrecken. Die Konzentration dieses Wirkstoffes ist je nach Pflanzenart verschieden. Auch der Zeitpunkt, wann die größte Menge des Gerbstoffes produziert ist, ist unterschiedlich: Manche Pflanzen produzieren in den ersten Jahren die meisten Gerbstoffe, während andere Pflanzen den höchsten Gerbstoffgehalt aufweisen, wenn sie bereits über 30 Jahre lang gewachsen sind.

Je nachdem welche Ledereigenschaft gewünscht ist, wird die entsprechend Pflanze für die Gerbung ausgesucht: Wird ein rötlich und hartes Leder bevorzugt, dann wird Kastanie vorzugsweise für die Gerbung genutzt. Ist das Ziel eher geschmeidiges und biegsames Leder zu erhalten, so kann Akazie und Mimosarinde sehr gut verwendet werden. Allgemein gilt, dass Eiche und Fichte für alle Lederarten verwendet werden können. Valonea zählt zu den mediterranen und wildwachsenden Eichenarten und weist einen sehr hohen Gerbstoffanteil von 32% auf, wodurch entweder weiches oder auch zähes Leder hergestellt werden kann. Einen noch höheren Gerbstoffanteil ist mit 46% bis 49% in der Malettorinde vorhanden. Allerdings ist diese Eukalyptusart in Westaustralien so selten geworden, dass diese für die Gerbung so gut wie gar nicht mehr genutzt wird.

Der Gerbprozess

Der für die Lederverarbeitung notwendige Gerbprozess nennt sich „Lohgerbprozess“ und dauert 20 bis 30 Monate. Als „Lo“ oder „Lohe“ wird die abgeschälte und gerbstoffreiche, sowie zermahlene Rinde bezeichnet.

Jede Haut benötigt dabei viel Material für den Gerbprozess, wie zum Beispiel 30kg Rinde. Die daraus entstandene Lohe wird mit der Lederhaut in eine mit Wasser befüllten Grube gelegt. Nach einigen Tagen ist ein gerbsäurehaltiges Bad entstanden. Damit die Färbung der Haut intensiviert werden kann, wird die Haut mehreren Bädern mit höherer Konzentration ausgesetzt. Im weiteren Verlauf wird die Haut in ein mit Gerbbrühe befülltes Depot eingelegt. Dieses Depot wird alle paar Wochen gewechselt, damit kein Verwesungsprozess der Haut einsetzen kann.

Die Rückstände nach dem Gerbprozess sind biologisch sehr gut abbaubar. Auch das Leder kann nach seinem Verfall wieder gut in den Kreislauf der Natur zurückgeführt werden.

Besonderheiten des Leders nach einer vegetabilen Gerbung

Während >Anilinleder< durch Lichteinflüsse aufhellt und die Farbe verliert, dunkelt vegetabil gegerbtes Leder noch nach. Auch Feuchtigkeit und Fettung unterstützen diesen Prozess. Wird es allerdings nie feucht, gefettet oder Licht ausgesetzt, verliert es mit der Zeit an Farbe.